ParadiesBauMonteure
Ich vermute mal, dass du wahrscheinlich nicht zu den Menschen gehörst, denen es langweilend an Lebensinhalten mangelt.
Da sind bestimmt die Familie, Freunde, Hobbys, und Urlaube, sowie die berufliche Arbeit, mit der dann das ganze Erleben finanziert wird. Die meisten Leute haben eine Vorstellung davon, was im Leben glücklich macht und was man dafür so alles benötigt, aber auch davon, was diesem Glück im Wege steht. Auf der anderen Seite gibt es aber immer mehr Menschen, denen das nicht mehr so klar ist und die das Gefühl nicht loswerden, dass da doch mehr sein muss – vielleicht ein höherer Sinn, oder so etwas. Möglicherweise könnte das daran liegen, dass sie mehr Zeit zum Denken und Philosophieren haben, weil sie nicht mehr um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen. Wer hungert, hat ein konkretes Ziel und eine Richtung für sein Handeln, nämlich: satt werden.
Die Wartezimmer unserer Ärzte füllen sich immer mehr mit Menschen, die für sich keine rechte Perspektive mehr finden oder an den utopischen Vorlagen der Gesellschaft scheitern und dadurch krank werden. Auf den Straßen oder vor den PCs zuhause hängt unsere sich selbst aufgebende Jugend ab, vor den Flimmerkisten, die durch das soziale Netz gefallenen Harz-IV-Empfänger und in den Justizvollzugsanstalten immer mehr Leute, die auf alte, aus der Mode gekommenen Methoden zum Erwerb von mehr Freiheit zurückgegriffen haben. Und dann sind da die Leute, die viel mehr haben, als sie wirklich zum Leben brauchen. Sie spüren, dass diese materiellen Fluten nicht nachhaltig glücklich machen und streckenweise sogar sehr anstrengend sein können. Doch wenn sich alle nach Geld und Macht sehnen, ist es wohl wertvoll und erstrebenswert: „Davon geben wir mal nichts ab und passen schön brav darauf auf, auch wenn es oft sehr mühselig ist …“, werden wohl die meisten denken.
Wenn du mich heute nach meinem persönlichen Ziel und Sinn fragst, würde sich dieses zunächst nicht sonderlich von demjenigen anderer Menschen unterscheiden: Erst einmal Corona bewältigen und dann Leben und Erleben, das Beste aus der eigenen Situation machen, soweit es geht all die bunten Möglichkeiten auskosten oder auch gerne mal bewusst darauf verzichten. (Das Letzte tun man aber nur, wenn man es trotzdem könnte). Obwohl ich nun weiß, dass Grenzen, Angst und Grusel (wie jetzt Covid-19) fest zu meinen „Filmen“ gehören dürfen, ärgere ich mich trotzdem darüber und ertappe mich oft heftig fluchend, denn ich bin ein Mensch. Weil ich mich inzwischen immer mehr mit allem verbunden fühle, ist es natürlich auch für mich wichtig, auch die Projekte der anderen zu unterstützen. Ja, es geht wohl nicht immer nur um mein Erleben. Oft erkenne ich mich als Komparse in den Filmen meiner Mitmenschen, und dass nicht selten in ganz ungewöhnlichen Rollen, die ich nie für möglich gehalten hätte. Grundsätzlich versuche ich aber, mich und mein Lebensumfeld nicht in neue Begrenzung zu stürzen, was mir leider auch nicht immer gelingt. Mir wird immer bewusster, dass alles seine Zeit braucht, damit man es in aller Fülle erleben kann. Die Welt um uns herum wird immer hektischer und turbulenter. So ertappe ich mich auch schon mal dabei, wie ich auf die Bremse trete, und das nicht nur, wenn mal wieder hinter mir jemand wild lichthupend an meiner Stoßstange klebt.
Eine Vorstellung bereitet mir jedoch sehr viel Freude. Es ist die Idee, selbst untrennbar mit dazuzugehören und zusammen mit allen anderen Menschen dieser Erde an einem großen, gemeinsamen Projekt zu arbeiten, das in einer sprudelnden Fülle immer fantastischere Erlebnismöglichkeiten für uns alle produziert. Corona zeigt mir, dass es nur ein gemeinsames Paradies gibt und dass diese sprudelnde Erlebnisfülle von allen Menschen abhängig ist. Vielleicht wäre das ja auch etwas für dich?:
Das offizielle Berufsbild des „Paradies-Bau-Monteurs“ (m/w/n)*:
Er/Sie/Es ... findet Baupläne für mehr Freiheit und neue erlebbare Möglichkeiten, und tut jetzt aktuell alles, um erst einmal die Folgen von Covid-19 in den Griff zu bekommen, unterstützt andere Paradies-Bau-Monteure bei ihrer Arbeit, genießt die eigene verbindende Entgrenzung und freut sich über die Erfolge der anderen, wird im Maße seiner Entgrenzungsleistung mit glücklichen Momenten entlohnt, ist sich bewusst, dass Negatives den Prozess sinnlich verlangsamt, sorgt aber selbst nur in Maßen für Entschleunigung, verzeiht anderen „Entschleunigern“ und spendet ihnen Mitgefühl, ist fleißig, aber vernachlässigt nicht den Müßiggang, ist erkennbar an seinem strahlenden Lächeln – oder an der grimmig bösen Miene beim „Bremsen“.
Und sehr wichtig: Er/Sie/Es weiß, dass alles nicht so ernst zu nehmen ist, weil es sich bei dem Projekt lediglich um ein banales Kunstwerk und ein Erlebnisspiel handelt, auch wenn es uns alternativlos erscheint und der potentiell verantwortliche Oberkünstler möglicherweise unglaublich prominent ist!
*Der Zusatz „Bau“ steht für die ewigliche Baustelle, für einen möglichst endlosen Montageprozess, in dem der Weg das erlebbare Ziel bildet.
Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Erlebnisreiches Universum
so wunderbar, dass es Dich gibt.
Deine erlebenswerte Verwandlung geschehe.
Dein schönster Zustand komme im All
sowie auf Erden.
Dafür lass uns beglückend schaffen
und vergib uns unsere kleinen Irrwege,
wie auch wir den anderen vergeben,
Und führe uns nicht in kleinen Eigensinn,
sondern erlöse uns von Eigenbrötlerei,
Dummheit und Faulheit.
Denn grenzenlos ist das Ziel in Anmut,
Glanz und Ewigkeit.
Packen wir’s an!